Kognitive Mapping Dieselfahrverbot: Vom Reden ins Arbeiten!

Im SWR 2-Forum zum Thema Dieselfahrverbot vom 16. Februar diskutieren Willi Diez (Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft an der Hochschule Nürtingen-Geislingen),  Gerd Landsberg (Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes) sowie Alexander Möller (ADAC-Geschäftsführer).

Die folgenden Visualisierungen zeigen, wie sich Meetings und Besprechungen im Nachhinein mit Hilfe von kognitiven Maps aufbereiten lassen. Das Ziel dabei: Vom Reden ins Arbeiten kommen!

Achtung: die Darstellungen beanspruchen nicht, vollständige und selbsterklärende Wiedergaben der Gesprächsinhalte zu sein. Zweck der kognitiven Maps ist es vielmehr, die Diskussion im Nachhinein auf den Modus „Problemlösung“ zu bürsten – und zwar besser, als dies durch eine bloße Textzusammenfassung möglich wäre. Idealerweise richten sich Darstellungen dieser Art entweder an Adressaten, die die ursprüngliche Diskussion mitverfolgt haben (hier der Link zur Audiodatei). Eine andere Option ist es, die Karten durch ausführliche Zitate zu ergänzen.

1. Problempanorama mit Einflussdiagramm

Das Einflussdiagramm situiert das Thema „Dieselfahrverbot“ in einem umfassenderen Problemkontext. Die Kontextualisierung hat im vorliegenden Fall verschiedene Funktionen. Zum einen wird das ‚Kontextargument‘ von Gegnern des Dieselfahrverbotes vorgebracht, um die Maßnahme „Fahrverbot“ zu relativieren und die Diskussion auf andere Themenfelder zu lenken. Darüber hinaus liefert das Einflussdiagramm aber auch Hintergrundinformationen zur Beantwortung der Frage: Wie verhalten sich kurzfristiges Ziel (Fahrverbot) und langfristige Ziele zueinander? Nutzen oder schaden die Maßnahmen zur Realisierung des kurzfristigen Zieles „Reduzierung der Stickoxidbelastung“ den längerfristigen Zielen?

 

Das Einflussdiagramm zeigt Eingriffsmöglichkeiten ins System (weiße Kästchen mit schwarzem Rand), Effekte und Nebeneffekte (grau ohne Rand) sowie gesellschaftlich anerkannte Werte, die das Ziel von Eingriffen sind (grau mit schwarzem Rand.)

Die Karte zeigt: Maßnahmen zur Reduzierung von Stickoxiden durch den Straßenverkehr stehen in Widerspruch zu Maßnahmen, die eine Reduzierung klimaschädlichen CO2 zum Gegenstand haben: Wer den Diesel (‚Feinstaubschleuder‘) von der Straße nimmt, muss in Kauf nehmen, dass mehr CO2-emittierende Benziner auf die Straßen kommen. Darüber hinaus jedoch ist nicht zu erkennen, inwiefern ein Dieselfahrverbot langfristigere Bemühungen um eine Umstrukturierung des Straßenverkehrs tangieren würde!

Wenn man die Diskussion ausgehend von der Karte weiter führen würde, kämen Fragen aufs Tapet wie:

  • Welche Eingriffsmöglichkeiten gäbe es, um Digitalisierung, autonomes Fahren und E-Mobilität voranzubringen?
  • Welche weiteren Effekte und Nebeneffekte innerhalb des Gesamtsystems gilt es zu beachten?
  • Sind die Ziele vollständig und richtig beschrieben?
  • Wo sind die wichtigsten Stellschrauben innerhalb des Systems?

2. Dialogue Map: Fahrverbot und Alternativen im Vergleich

Das zweite Drittel der Diskussion drehte sich konkret um das Thema „Fahrverbot“. Die Darstellung trimmt die Diskussion auf die Ausarbeitung der Gründe, die für oder gegen die verschiedenen Alternativen sprechen.

Rot umrandet: Die Argumente, die (für und) gegen die jeweiligen Vorschläge sprechen. Die Darstellung zeigt weiterhin die Diskussion um die Realisierung der Optionen sowie die in der Diskussion aufgezeigte Evidenzbasis, aufgrund derer Argumente entschieden werden könnten.

Die Dialogue Map sammelt und strukturiert die Diskussionspunkte mit dem Ziel, eine finale Entscheidung vorzubereiten und zu erleichtern. Diese könnte auf dem Wege der argumentativen Abwägung erfolgen oder durch eine Multi-Kriterien-Entscheidungsanalyse. Weiterführende Fragen wären unter anderem:

  • Sind wirklich alle relevanten Alternativen (und Sub-Alternativen) aufgelistet?
  • Welche weitere Evidenzen sollten beachtet werden?

Aus einer vollständigen Dialogue Map lassen sich die Kriterien, die bei einer Multi-Kriterien-Entscheidungsanalyse zum Tragen kommen würden, ablesen. Dies wären zum Beispiel:

  • Beachtung des Gebots der Verhältnismäßigkeit
  • Wirksamkeit der Maßnahme mit Blick auf das angestrebte Ziel
  • (Kurzfristige) Realisierbarkeit der Maßnahme

3. Maßnahmenplanung mit hierarchischer Prozessmodellierung

Das letzte Drittel der Diskussion drehte sich um das Thema ÖPNV. Die Darstellung ordnet die Diskussionspunkte in einer hierarchischen Struktur.

Hierarchische Prozessmodellierung. Die Pfeile besagen so viel wie „um zu“. – Von oben nach unten (also gegen die Pfeilrichtungen) gelesen, gibt die Darstellung Antworten auf Wie-Fragen. Wie kann die Mobilitätsleistung verbessert werden? (Antwort: Car- und Ride-Sharing einbinden.) Wie kann man Car- und Ridesharing besser einbinden? Was muss man tun, um Car- und Ridesharing besser einzubinden? Antwort: Digitalisierung ausbauen. Von unten nach oben gelesen gibt die Darstellung Antworten auf Warum-Fragen: Warum sollte man die Digitalisierungausbauen? (Antwort: um Car- und Ridesharing einzbinden und um eine bessere Taktung zu ermöglichen.)

Das Prozessmodell zeigt auf, welche Maßnahmen auf den verschiedenen Ebenen und in den verschiedenen Zuständigkeitsbereichen nötig sind, um den ÖPNV weiter auszubauen. Weiterführend Fragen wären:

  • Ist das Modell vollständig? Gibt es weitere Punkte, wo unbedingter Verbesserungsbedarf beim ÖPNV besteht? Was wären die dafür notwendigen Schritte?
  • Welche Roadmaß ließe sich aus dem Modell ableiten: Was muss geschehen:
    • in welcher Reihenfolge?
    • mit welcher Priorität?
    • durch wen?

Fazit

Nicht in allen Situationen ist es angebracht oder möglich, eine Besprechung durch eine Flipchart- und Zettelchen-Moderation einer striken Struktur zu unterwerfen. Gerade hier kann es jedoch besonders nützlich sein, Gesprächsinhalte im Nachhinein noch einmal durch die Problemlösungs-Brille zu betrachten und neu zu sortieren. Nur so ist es schließlich möglich, vom Reden auch ins Arbeiten zu kommen. Kognitives Mapping liefert dazu die passenden Vorlagen.