Warum machen Leute bei Beteiligungsverfahren mit?

Warum machen Menschen an Beteiligungsverfahren mit? Eine (bereits 2017 publizierte) Studie hat dazu 23 Interviews und 186 Antworten aus einer Online-Umfrage ausgewertet, durchgeführt  unter Teilnehmenden eines Beteiligungsverfahrens zur einer neuen gesetzlichen Regulierung der Nutzung von unbefestigten Straßen in  Natur- und Landschaftsschutzgebieten.

Überraschenderweise – beziehungsweise eigentlich überhaupt nicht überraschend – wurde in der Studie der gleiche, vermeintlich irrationale Effekt diagnostiziert, der sich auch unter Teilnehmer an politischen Wahlen beobachten lässt: Leute nehmen den Aufwand politischen Engagement auf sich, obwohl sie wissen, dass der reale Effekt ihrer Bemühungen praktisch gelich null ist. (In der Politikwissenschaft ist dieser Effekt als Paradox of Voting bekannt):

Participation was thus an empowering moment, providing citizens with the feeling of having a greater societal influence than with voting. Rather surprisingly, at the same time the crowd was also rather skeptical about its potential for influencing the law.

Zugleich beobachteten die Autor*innen, dass andere Formen von Motivationen, die sich auf im weitesten Sinne instrumentelle Überlegungen stützen, eine vergleichsweise geringe Rolle spielen:

„Having fun, passing time, enjoying problem-solving, feeling creative, and advancing one’s career were not the driving factors of participation in crowdsourced policy-making.

Dies führt zu dem Resümee, dass das Mitmachen an Beteiligungsverfahren vor allem als politischer Akt wahrgenommen wird:

[P]articipation in the Finnish experiment was experienced as primarily a political act. It was driven by a concern to protect the rights of individuals, groups, or a larger entity, such as nature, and a sense of civic duty.“

Die klare Botschaft, die sich daraus ableiten kann, ist: Wer das Engagement von Menschen erhalten will, die bei Beteiligungsverfahren mitmachen, der sollte diese politische Intention sehr ernst nehmen. Politische Entscheider oder Beteiligende im allgemeinen sollten deutlich machen, dass sie die Resultate eines Beteiligungsverfahrens ernst nehmen und in ihre finalen Beschlüsse einfließen lassen.

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Aitamurto, T., Landemore, H., & Galli, J. S. (2017). „Unmasking the crowd: Participants’ motivation factors, expectations, and profile in a crowdsourced law reform“. Information, Communication & Society, 20(8), 1239–1260. https://doi.org/10.1080/1369118X.2016.1228993