Myside Bias: Warum Startups scheitern

Eine neuere Studie im Strategic Management Journal geht der Frage nach, warum innovative Unternehmensgründungen so oft bereits nach wenigen Jahren scheitern. In der experimentell angelegten Untersuchung wurden zwei konkurrierende Hypothesen gegeneinander getestet:

(a) Schlechtes Judgement under Uncertainty: „Startups scheitern, weil Unternehmer sich bei der Einschätzung der Erfolgschancen rechnerisch verkalkulieren“.

(b) Myside Bias: „Startups scheitern, weil Unternehmer zu sehr auf Gründe dafür schauen, warum Ihr Projekt erfolgreich sein könnte, und zu wenig die Gründe für ein mögliches Scheitern in Betracht ziehen.“

Das Resultat der Untersuchung: beide Hypothesen konnten in experimentellen Situationen empirisch belegt werden. Rechenfehler bei der Einschätzung von Erfolgschancen in Entscheidungssituationen, die durch ein hohes Maß an Ungewissheit charakterisiert sind, erklärten in den Experimenten 60 % der zum Scheitern prädestinierten Unternehmensgründungen. Auf der anderen Seite bestätigen die Untersuchungsresultate aber auch Hypothese (b): Rechenfehler müssten genauso zu zum Scheiter prädestinierten Gründungen führen wie zu unterbliebenen Gründungen. Tatsächlich aber überwog die Anzahl der (aufgrund rechnerischer Fehlkalkulation) zum Scheitern prädestinierten Gründungen gegenüber der Anzahl der (aufgrund rechnerischer Fehlkalkulation) unnötig unterlassenen Gründungen. Abgesehen davon wurden mehr zum Scheitern prädestinierte Gründungen in innovativen Märkten mit hoher Unsicherheit beobachtet als in stabileren Märkten – was ein weiteres Indiz dafür ist, wie sehr psychologische Gründe – also Hypothese (b) für den Erfolg oder Misserfolg einer Gründung ausschlaggebend sind.Die Autoren schließen daraus, dass alles in allem betrachtet, Hypothese (b) in noch größerem Maße als Hypothese (a) das Scheitern von Start-ups erklärt.

Eine Empfehlung, die die Autoren der Studie aus ihrer Untersuchung ableiten, ist, dass Start-up Unternehmer weniger Aufmerksamkeit auf ihre eigenen Fähigkeiten und Hoffnungen setzen sollten (wobei nur allzuleicht der Myside-Bias zuschlägt) und stattdessen stärke externe Realitäten und den Wettbewerb auf dem Markt berücksichtigen sollten.

Artinger, Sabrina, und Thomas C. Powell. „Entrepreneurial Failure: Statistical and Psychological Explanations“. Strategic Management Journal 37, Nr. 6 (1. Juni 2016): 1047–64. doi:10.1002/smj.2378.