Making-of des Swissaid-Reports „What women farmers expect from sustainable food systems“

60 Prozent aller Nahrungsmittel weltweit werden von Kleinbäuer:innen produziert – auf nur 30 Prozent der global verfügbaren Agrarflächen. 50 bis 80 Prozent der Kleinbäuer:innen sind Frauen. Wie kann das Entwicklungshilfe-Programm der Vereinten Nationen mit dem UN Food Systems  Summit (UNFSS) dieser Tatsache Rechnung tragen?

Für den neuen Swissaid-Report “What Women Farmers expect from sustainable food systems” hat Explorat Forschung & Kommunikation für Swissaid mit Kleinbäuerinnen aus Afrika (Niger, Tanzania), Südamerika (Guatemala) Asien (Sri Lanka) und Europa (Schweiz) gemeinsam mit Swissaid eine Stakeholder-Konsultation in Form eines Insights-Prozesses durchgeführt. Die Herausforderung: Wir wollten, dass die Bäuerinnen in den Resultaten als Subjekte sprechen – und nicht als Objekte einer Forschungsarbeit dargestellt werden. Gleichzeitig war uns wichtig, dass die finalen Resultate geeignet sind, um einen konkreten Input zum Food Systems Summit zu liefern. Hier ein Blick darauf, wie der Prozess methodisch funktioniert hat.

1. Für die Gespräche mit den Bäuerinnen haben wir einen lose gestrickten Interview-Leitfaden verwendet. Interessiert haben uns vor allem die drei Themen nachhaltige Landwirtschaft, gesunde Ernährung und ausreichendes Einkommen. In den Gesprächen haben wir versucht zu rekonstruieren, wie für jede der befragten Frauen das „food system“ um diese drei Themen herum beschaffen ist. Dabei haben wir uns von Diagrammen leiten lassen. In der Gesprächsführung hatten die Diagramme die Funktion von „mental maps“, die uns halfen, unseren Fragen eine Richtung zu geben. Bei der Aufbereitung dienten die Diagramme dazu, Inhalte zu sortieren (hier aufklappen).

2. Als ein erstes Zwischenresultat haben wir auf diese Weise für jede der Frauen eine Fallgeschichte erstellt. Die bei der Gesprächsführung und der Auswertung verwendeten Diagramme haben uns geholfen, die Geschichten zu strukturieren. Hier: die Geschichte von Aissa, nachzulesen auf Seite 8 des Berichts oder hier aufklappen.

Kern jeder Fallgeschichte sind die „entry points for change“, an denen mögliche Maßnahmen zur Verbesserung von Ernährung, Einkommen und Nachhaltigkeit in der landwirtschaftlichen Produktion einsetzen können. Im Fall von Aissa sind diese entry points:

  • Kooperative: Promote collective agricultural labor in the
    community
  • AE (Agroecology): Provide access to knowledge about agroecological agricul-
    ture, including more choice in foods; provide support in terms of seeds and better
    access to local foods during the lean season
  • Gesetze und Bräuche: Get men to support the very physical
    agricultural work; integrate land ownership in the community and
    household’s mentalities
  • Arbeitskraft/Werkzeug: Build up storage facilities in order to be able to
    dry and store products before sale; provide access to basic services such as
    functioning wells, communication networks,
    functional roads, basic equipments (e.g. carts,
    transportation)

3. Im nächsten Schritt haben wir aus den sechs Fallgeschichten übergreifende „Findings“ abgeleitet. Die Findings ergeben sich aus der Generalisierung der Fallgeschichten und dem thematischen Clustering von Elementen, die in den Fallgeschichten wieder vorkommen.

4. Letzter Schritt: die finalen „Policy Recommendations“. Diese stellen Vorschläge dar, wie die Vereinten Nationen, die Mitgliedstaaten, die private Wirtschaft und NGOs mit Hilfe politischer Maßnahmen und Entwicklungshilfe-Aktionen auf die „Findings“ reagieren sollten.

Im Resultate präsentiert der Bericht eine Überlegungskette:

Die Policy Recommendations adressieren und stützen sich argumentativ auf die Findings. Die Findings werden durch die Fallgeschichten als empirische Basis abgesichert. Die Fallgeschichten stützen sich auf die Leitfaden-Interviews. Durch die Einbettung der der O-Töne aus den Interviews und die prominente Rolle der Fallgeschichten in dem Report ist es gelungen, die beteiligten Bäuerinnen als Subjekte zu Wort zu lassen, gleichzeitig aber das, was diese berichten, auf eine Weise zu kontextualisieren, dass am Ende des Insights-Prozesses konkrete Policy Recommendations entstehen konnten. Die beteiligten Bäuerinnen werden, mit Kurz-Biografie, auf den ersten Seiten des Reports gemeinsam mit den anderen an der Durchführung der Studie Beiteiligten als mitwirkende Autoren genannt.